Lesbische Bloggerinnen. Wo seid ihr?
Würde mich ja mal interessieren – die Blogosphäre scheint ja auf den ersten Blick männlich zu sein, auf den zweiten Blick erkennt mensch erst die Frauen, die, so wills zumindest die Statistik, ganz anders bloggen. Lesben sind dann nochmal unsichtbar. So unsichtbar wie im realen Leben. Schwule Blogs, Blogs von Schwulen, Blogs mit schwulem Inhalt dagegen gibt’s wie Sand am Meer.
Als lesbischer Nerd (linuxuser, computerinteressiert, HTML&CSS schubsend) fühle ich mich sowieso ein wenig allein – darüber schrieb ich auf meinem alten Blog schon mal. Da ging es auch um meine Enttäuschung von queeren/lesbischen Social Networking-Seiten.
Jetzt interessiert mich natürlich: Ist diese meine Wahrnehmung korrekt?
Worüber bloggt die lesbische bzw. queere Bloggerin von heute? Queeres ist ja nicht unbedingt immer abendfüllend, in den meisten Leben gibt’s auch noch was anderes (in meinem ist das ziemlich viel).
Ich grübel‘ ein bißchen, wenns sowas gäbe wie Vernetzung unter queeren bloggenden Frauen, das wäre toll. Bisher kenne ich nur das Verzeichnis lesben.org. Und natürlich wühle ich da immer mal wieder, aber viele lesbische bzw. weiblich-queere Blogs sind da auch nicht verzeichnet.
Zur Szene habe ich ja ein sehr gespaltenes Verhältnis – es ist nun mal so, daß meine sexuelle Orientierung nicht automatisch bestimmte kulturelle, politische, modische oder religiöse Vorlieben, bestimmte Interessen oder Eigenschaften mit sich bringt. Manche Dinge sind dadurch nur heftig auf den Prüfstand gestellt worden, ich war gezwungen, ein paar Sachen zu hinterfragen, die ich vorher als gegeben hingenommen hatte.
Ich habe schon gewitzelt: hätte ich während meines Coming Out einen der gängigen Coming Out-Ratgeber gelesen, ich wäre noch mehrere Jahre steif und fest der Ansicht geblieben, ich kann keine Lesbe sein, denn dort schwirren, wenn auch halb unernst (aber für mich damals nicht unernst genug), solche Klischees noch herum.
Und so ist es auch nach wie vor so, daß ich Melissa Etheridge zwar dafür bewundere, was sie auf einer Gitarre kann und finde, sie versteht das Handwerk des Songwriting, aber trotzdem muß ihre Musik nicht mein Fall sein. Auch nicht, weil sie lesbisch ist. Wenn ich Freddie Mercury für einen fantastischen Sänger halte und bei „This could be heaven for everyone“ regelmäßig heulen muß, dann hat das primär mit seinen Qualitäten als Sänger zu tun, daß er bisexuell war, ist mir da ziemlich egal.
Langer Rede kurzer Sinn, ich habe immer so wenig Lust, nur wegen der Brautschau *g* in „die Szene“ zu gehen – zumal mir die Frauen mit Sabberfaktor meistens außerhalb begegnen. Es war sogar mal sehr gesund für mich, mich von ihr zu lösen.
Aber könnte das in der Blogosphäre nicht anders sein? Könnte nicht gerade das Medium Blogs Raum bieten für ein erstmal natürlich flüchtiges, aber hinterher auch viel individuelleres Vernetzen?
So – jetzt mal frühstücken 🙂 Und einen Link als Dreingabe: Auf damenbart.org zeichnen Schrados und Chris Comics – die sind richtig goldig!
das mit den lesbischen blogs hab ich mir auch schon oft überlegt, nur ist halt die crux, wie du selber sagst, dass queer-content auch kein blog füllt. ich lese ja dein blog auch nicht, weil du lesbisch bist, sondern weil es dein blog ist. und wenn eine mein blog nur aus queeren gründen liest, wird sie auch frustriert sein, wenn sie sonst ganz andere interessen hat, obwohl mir lesben- und genderthemen wichtig sind und auch immer wieder vorkommen. aber ich habe entschieden mehr heteras als stammleserinnen.
ich hab eher das gefühl, dass lesbe zuerst vernetzt sein muss oder einen gemeinsamen anknüpfpunkt braucht, und dann blogs zur netzwerk-/kontaktpflege nutzen kann.
Ja,… und gerade deshalb fände ich eine Vernetzung in der Blogosphäre interessant, egal, ob sie dort beginnt oder woanders. Ich denke, die etwas größere Schnittmenge als nur „lesbisch“ braucht es im Offline-Leben ja auch, damit ein Interesse daran, den Kontakt zu halten, bestehen bleibt. Wenn ich in die Szene gehe, dann weiß ich über die dort anwesenden Frauen nicht, was die sonst noch so mitbringen, in einem Blog – zugegeben, es spiegelt die Person garantiert nicht so, wie sie ist – bekomme ich gleich einen bestimmten Themenmix mit. Im realen Leben läuft ja niemand mit einer Tagcloud herum, und gerade das kann ja auch spannend sein, zu entdecken, wer ist denn das, was bewegt diese Person, wie lebt sie. Meinem Erleben nach führt es aber in der Szene erstmal dazu, daß eine, die allein kommt, nicht angeguckt wird, erst recht nicht, wenn der äußere Eindruck den Szenekonventionen nicht entspricht, und die Neugier, wer das ist und wie sie lebt, die habe ich noch nicht erlebt. (Oder ist das nur meine „ich bin ein seltsamer nerd“-Neurose?) Ich vernetze mich dann eher in non-queeren Kontexten, wo meistens gleich ein anderes und – wie ich es erlebe – tragfähigeres Interesse da ist, wobei sich für mich fragt: Warum ist die sexuelle Orientierung allein nicht tragfähig?Ist das so? Ich meine, es gibt da genug zu tun, es ist in unserer Gesellschaft noch nicht normal und selbstverständlich.
Diese Blogosphären-Vernetzung soll ja nicht das reale Leben ersetzen (überhaupt, dieses Gegeneinandersetzen von „realem Leben“ und „Onlineleben“, als wären alle leidenschaftlichen Onliner sozialinkompetente Kellerkinder, dessen bin ich so müde, es trifft so gar nicht zu!), sondern ein anderer, zusätzlicher Weg sein. Ich habe keine Ahnung, wer außer den Leuten, die ich ohnehin schon kenne, mein Blog liest. Ich wette auch, die meisten definieren sich nicht als queer und wer queer-Themen will, den schickt Tante Google wohl erstmal zu den einschlägigen Seiten.
Ja… meine 5 Cent 😉
Danke fürs Kompliment : )
Hm, vielleicht mal etwas weiter fassen? Nicht auf das Queer-/Lesbenumfeld beschränken?…
Ich steh der ganzen Angelegenheit ja eh etwas zwiegespalten gegenüber: Einerseits mag ich es so überhaupt nicht, Menschen in diese Geschlechtsschablonen zu zwängen und danach zu beurteilen/behandeln/in eine Rolle zu drücken oder ihren Sexus zu betonen. (Was ja auch und gerade im feministischen Umfeld gerne gemacht wird – wenn mans mal nüchtern betrachtet).
Andererseits Ja, Ja und nochmals Ja – es fällt verdammt auf, dass Frauen im eher politischen Netz und in technikaffinen Umfeldern eine deutliche Minderheit stellen. Und nur mit „Ist halt so, viele sind zu Tussis ohne Interessen jenseits derer, sich zu Objekten männlicher Begierden zu machen“ ist es mir zu einfach erklärt.
Warum wirkt denn die immer wieder rausgehängte Geschlechtslosigkeit in nerdigen Umfeldern eher abschreckend denn anziehend? Weil diese „Geschlechtslosikeit“ eben doch eine männliche ist? Ist „den Jungs“ ja noch nichtmal vorzuwerfen – ein soziales Umfeld wird halt von denen geprägt, die in ihm aktiv sind. Die sagen ja denn auch immer wieder: „Ja, dann macht doch einfach mit und bringt Euch gefälligst ein, anstatt rumzulamentieren!“ Und können nicht verstehen, warum frau sich so ziert.
Was ich ziemlich deutlich sehe ist, dass positive Vorbilder und Anregungen fehlen. Wenn „wir“ sichtbarer wären, könnte das die Eine oder andere inspirieren und ermutigen. Und das leider immer noch weitverbreitete Vorurteil, Frauen wären per se in kognitiven, logischen und technischen Dingen schlechter,untalentierter, uninteressierter anhand freilebendem Wildwuchs mal plastisch widerlegen. 😉
Vielleicht sollten wir einfach Nägel mit Köpfen machen und ein virtuelles Frauennetzwerk schaffen. Und zwar eplizit als inkludierend (Frauen animieren mitzumachen, Nachwuchs züchten 😉 ) statt exkludierend (Geschlechtergräben schaufeln, pöhse Jungs…).
Was ich mir grad so konkret vorstelle, wäre eine eigene Blogroll für tolle Frauenprojekte/-seiten. Wenn ich mein Blog irgendwann demnächst mal (neben meinen vielen anderen Vorhaben) an meine Bedürfnisse anpasse und umgestalte, kommt das da rein, hab ich grad beschlossen. Ich komm da mal aussem Handgelenk geschüttelt sofort auf sechs Seiten, die ich verlinken würde. Tja, und wenn wir das nun alle machten?… 🙂
Hallo Conny!
Das Anliegen, was Du ansprichst, also genereller: Vernetzung unter web-, technik- und computerinteressierten Frauen, ist sicher eins, das Aufmerksamkeit verdient.
Das heißt aber nicht, daß mein Wunsch nach speifisch lesbischer Vernetzung nicht noch von anderen Motiven mitgetragen ist. Wie erklär ich’s… also, ich nehme es so wahr, daß die lesbische Szene im realen Leben eine gewisse „Normalität“ ausgeprägt hat, mit Klischees, Schubladen und und und. Das geht z.B. so weit, daß ich oft als Hetera verkannt wurde, weil meine Haare zu lang waren und ich zu „klassisch weiblich“ rüberkam. Das kam mir schon bizarr vor: zwar unter Lesben zu sein, aber mich trotzdem einsam zu fühlen.
Ich nehme das Internet als Chance wahr, diesen Wahrnehmungsmustern ein Schnippchen zu schlagen. Daß Lesben sich gegenseitig wahrnehmen können, ohne auf visuelle Erkennbarkeit angewiesen zu sein und auch ohne daß das Lesbischsein immer sooo im Zentrum stehen muß.
Über diese Sache mit Vernetzung/Sichtbarkeit denke ich sowieso grad nach, aber soviel für jetzt…
Hi zusammen,
ich bin auch grad auf der Suche nach Lesbenblogs zwecks Vernetzung. Deshalb war ich ganz froh, das hier zu finden.
Grüße von Lesbomat
Ich habe Dein Blog mal in meine Blogroll geschubst.
Hey Hey;
Lasst uns ein lesbisches Netzwerk gründen.
LG Babydyke
Du hast den Artikel letztes Jahr bereits geschrieben und ich habe diesen erst dieses Jahr gefunden? Die Wege des Webs sind mysteriös. 🙂
Bin übrigens auch lesbische Bloggerin: Schreibe ein Blog über Comics und eines über den Rest und sowieso. 😉
Hallo, es gibt sie schon, die lesbischen Blogs… Nur haben die meisten Bloggerinnen kein Durchhaltevermögen und schreiben nach den ersten paar Posts nicht mehr weiter… aber schaut mal vorbei auf lesbian chic, dem Blogmagazin für Lesben und Bisexuelle…!
Liebe Grüsse Manu
Da frage ich mich beim Durchlesen von ryuu.de schon, ob man nicht komplett auf den Kopf gefallen war. Dankeschön für eure Berichte
Tja, nun haben sich allein durch die Kommentare ja schon einige gezeigt.
Doch ich muss sagen, ich deine Gedanken kann ich nachvollziehen.
Guter Artikel. 🙂
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