Kurzer Rant: Victim Blaming.

Triggernwarnungen: Victim Blaming, Links thematisieren Vergewaltigung.

Sorry für den kurzen Gutelaunekiller, aber das muß jetzt einfach raus, denn es beschäftigt mich seit ein paar Tagen.
In den letzten Wochen hört ein Teil meiner Twitter-Timeline ganz zu recht nicht auf, sich darüber zu empören, daß ein Vergewaltiger freigesprochen wurde.

Erst angesichts dessen erinnerte ich mich: Ich habe zweimal sexualisierte Übergriffe auf mich angezeigt. Beide Male wurde mir von Polizist_innen im Anzeige-Gespräch eine Mitschuld am Geschehenen zugesprochen, ja sogar fast versucht, mir aus Gegenwehr einen Strick zu drehen – einmal, weil ich gegenüber einem Mann, der mich verfolgte, zuerst handgreiflich wurde und ihm schlicht und ergreifend eine klebte, einmal, weil ich es gewagt hatte, nach Einbruch der Dunkelheit eine Seitenstraße langzugehen. Daß das nicht mein Pech ist, daß da nicht einfach ich an blöde Polizist_innen geraten bin, sondern daß dahinter was Systematisches steckt, das wurde mir erst durch die anhaltende Empörung über dieses Urteil klar – bzw. erst jetzt fiel mir ein, daß ich selbst ja auch Victim Blaming erfahren habe. Ich fühlte mich eben nicht sonderlich als Opfer, beide Male ging’s für mich unter anderem dank meiner lautstarken und handgreiflichen Gegenwehr ohne große Verletzungen ab (daß es auch ganz anders hätte ausgehen können, ist mir vollkommen klar).

Diese Entwicklung erlegt Frauen/als weiblich wahrgenommenen Menschen praktisch auf, sich mental ständig auf Übergriffe einzustellen und mißtrauisch zu sein. Wie im Krieg. Und wenn eine sich erfolgreich verteidigt, was dann? Wird ihr dann geglaubt, wenn die Selbstverteidigung wirklich gut funktioniert hat, d.h. wenn sie selbst unverletzt geblieben ist (hey, das ist der Zweck von Selbstverteidigung)? Wenn sie einem Angreifer in Notwehr vielleicht mehr als nur eine Ohrfeige verpaßt? Weil: wer sich erfolgreich wehrt, die ist ja kein schwaches, wehrloses Opfer, dem „sowas“ passiert?

Ceterum censeo: Manchmal wünsche ich mir mehr Gegengewichte gegen die ganze *istische Kackscheiße. Feministische/antirassistische/queerpositive Awesomeness, Gegenentwürfe, vielleicht sogar Utopien? Ich weiß es nicht, aber es fehlt.