Gesehen: The Hobbit

Meine Geschwister, meine Mutter und ich waren am 26.12. im Kino, und zwar in The Hobbit. Ein Film, auf den ich zwar sehr gespannt war, bei dem ich aber auch schon, als ich hörte, daß es wieder eine Trilogie werden soll, wußte, daß ich nicht dasselbe davon erwarten durfte wie von „Lord of the Rings“ (für die Akten: eine Filmtrilogie, die ich ganz wunderbar und grandios finde). Als Tolkien- und Fantasy-Fan wollte ich diesen Film trotzdem sehen.

Die Vorlage ist abermals ein Roman von John Ronald R. Tolkien. „The Hobbit, or There and Back Again“ erschien erstmals 1937 auf englisch und ist eigentlich ein Kinderbuch. Die Handlung eine recht geradlinig erzählte Abenteuergeschichte. Die spielt zwar auf derselben Welt wie Tolkiens späteres Hauptwerk „The Lord of the Rings“, aber die Welt ist im „Hobbit“ bei weitem noch nicht so ausgereift. Die Buchvorlage ist damit schon einmal eine ganz andere als der epische und mit reichlich tragischen Elementen versehene „Lord of the Rings“. Es ist ziemlich lang her, daß ich das Buch das letzte Mal gelesen habe, darum kann ich jetzt auch den Grad an Texttreue nicht beurteilen.

Und wie gefiel mir der Film jetzt? In einem Wort: Ambivalent. Ich habe viel an dem Film auszusetzen, aber ich habe auch Spaß an ihm gehabt.

Nach dem Link kommen ein paar potentielle Spoiler – wer den Film also ungespoilert sehen will, hier bitte nicht weiterlesen:

Zuerst einmal sind da Handlungsdichte und Erzähltempo. Wo im „Lord of the Rings“ die Handlung eher gestrafft werden mußte, wird sie hier breit ausgedehnt und mit reichlich Material aus dem ‚Mittelerde-Universum‘, das im Buch nicht vorkommt, aber die Lücken zwischen dem „Herrn der Ringe“ und seiner Vorgeschichte schließen soll, aufgefüllt.
Für Leute, die die Geschichte nicht kennen, ist der rote Faden schwer nachzuvollziehen, da sehr viele Nebenlinien verfolgt werden; im Vergleich zu der sehr geradlinigen Buchvorlage ist das verschwurbelt. Einige Szenen – zum Beispiel die Zwergenparty bei Bilbo – fand ich auch regelrecht langatmig.

Dann war mir der Action-Aspekt zu prominent. Es war bei diesen ganzen Kämpfen einfach unglaubwürdig, daß niemand aus der Reisegesellschaft bei all diesen Kämpfen und diesem Irgendwo-Runterfallen ernsthaft zu Schaden kommt, und es wirkt auf mich so, als hätte Peter Jackson auch noch die letzte Ausrede für eine Actionszene, die sich im Buch findet, gnadenlos ausgereizt.

Ambivalent bin ich auch, was Radagast angeht. Eigentlich gefällt mir dieser unglaublich naturverbundene, etwas verschrobene, ungewaschene alte Mann (mitsamt seinem Kaninchenschlitten) ganz gut, das Vogelnest unter seinem Hut wirkte auf mich etwas überzogen und seine geradezu panische Art, auf die Vorgänge in ‚seinem‘ Wald zu reagieren, fand ich ein wenig schade. Irgendwie hätte diese Figur mehr Würde und Autorität verdient, er ist immerhin ein Maia, also ein Wesen von halbgöttlicher Macht, und einer der fünf Zauberer von Mittelerde.

Darstellerische Hits waren für mich Gandalf und Elrond, aber vor allem wieder ganz, ganz groß: Gollum. Das Wetträtseln zwischen Gollum und Bilbo ist für mich das Highlight dieses Films, ganz tolles Schauspiel.

Ansonsten fand ich mal wieder die Landschaften wunderbar, das Zwergenkönigreich unterm Erebor ist klasse (und schon in 2D schwindelerregend) und von Smaug bis ganz zum Ende nichts zu sehen (und auch dann nur einen ganz kleinen Blick zu erhaschen), fand ich großartig. Überhaupt vermittelt dieser Film bei allen seinen Mängeln etwas Episches, das ich mag. Bisweilen schlägt die schiere Bildgewalt aber auch einfach in sensorischen Overload um.

Die Filmmusik ist mir nicht sonderlich aufgefallen. Sie greift viele Motive aus dem „Lord of the Rings“ wieder auf, ich habe kein Motiv oder Thema daraus im Ohr behalten. Vielleicht war ich aber auch einfach zu beschäftigt damit, den riesigen visuellen Input zu verdauen, um noch auf die Musik zu hören.

3D oder lieber 2D?

Wir haben den Film auf deutsch und in 2D gesehen (mindestens 2 von uns vieren vertragen kein 3D oder mögen es nicht). Meiner Meinung nach braucht dieser Film kein 3D, die Bilder sind auch in 2D großartig. Mir wurde bei einigen Actionszenen sogar in 2D schlecht. (Edit: Aber im Originalton möchte ich ihn irgendwann mal sehen.)

Fazit

Dieser Film ist kein Muß. Ob er Spaß macht, ist Geschmackssache. Und Jackson hätte einen ganz anderen Film daraus machen können – einen leiseren, der sich darauf beschränkt, einfach dasselbe zu tun wie das Buch, nämlich eine geradlinige, phantastische Abenteuergeschichte zu erzählen. Das wäre dann vielleicht kein so großer Kassenschlager und vielleicht auch nur ein einzelner (wenn auch langer) Film, aber ich hätte an einem solchen Film wahrscheinlich mehr Freude als an diesem „Hobbit“.

Trotzdem werde ich die anderen zwei Teile auch ansehen, allein, weil ich mehr von Smaug sehen will :), aber ich weiß jetzt, mit welchen Erwartungen ich sie ansehen werde, um Spaß dabei zu haben.

2 thoughts on “Gesehen: The Hobbit

  1. IMO: 3D ja, Originalton: unbedingt (gerade die Zwergenparty wirkt auf deutsch viel länger und fast langweilig, und vor allem: der Gesang ist auf englisch bei weitem besser)

  2. Ich habe mir den Film gestern angesehen. Im großen und ganzen sehe ich das, nach einmal drüber schlafen, so ähnlich wie Du: ambivalenter Film. Mein ersten Eindruck war allerdings maßlose Enttäuschung – ich habe dem „Hype“ und der Begeisterung ausgewiesener Tolkien-Experten zu sehr vertraut und hatte die Erwartung, ganz große Kino zu sehen. Was kam – na ja, starke und schwache Szenen, insgesamt eher lahm. Überdehnt halt.

    Während der Vorstellung fühlte ich mich ausgesprochen unwohl. Den Grund kennst Du selbst: „Bisweilen schlägt die schiere Bildgewalt aber auch einfach in sensorischen Overload um.“ Der Overload verdarb mir gründlich das Filmvergnügen. Allerdings bin ich ja selbst schuld: ich war in dieser „3-D Superauflösung / doppelte Bildfrequenz“-Fassung, obwohl ich weiß, dass ich zum „Overload“ neige. Wenigstens bin ich nicht im Kino ausgetickt. Viel Geld dafür ausgegeben, mit mir selbst kämpfen zu müssen und nachher, obwohl es der technisch beste 3-D-Film ist, den ich sah, Kopfschmerzen haben. (Es wirkte manchmal tatsächlich so, als ob die Schauspieler vor mir auf einer unwahrscheinlichen großen Landschafts-Bühneständen, und gar nicht wie die gewohnte Kinoleinwand, und das,obwohl meine Augen nur „bedingt 3-D-tauglich 😉 sind. Schon beeindruckend. Aber für mich im Kopf anstrengend.)

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