Meine Perspektive aufs Kinder-Kriegen und -Haben

Das Kollektiv von Der k_eine Unterschied hat da einen interessanten Text über Perspektiven aufs Kinderkriegen rausgebracht. Das triggerte meine eigenen Gedanken zu dem Thema.

Ich bin kinderlos, alleinstehend und – derzeit – arm. Ich will keine Kinder. Und zwar weil die Bedingungen, unter denen ich eigene Kinder überhaupt als Möglichkeit in Betracht ziehen würde, nie in meinem Leben erfüllt waren und nach wie vor nicht sind.

Als Lesbe werde ich nicht „zufällig“ schwanger. Da müßte ich schon richtig Entschlossenheit und Energie investieren. Über das Wie denke ich gar nicht erst nach, solange die Umstände für mich nicht tolerabel sind.

Um meine Bedingungen zu erklären – unter denen ich überhaupt erst anfangen würde, ernsthaft darüber nachzudenken, ob ich eigene Kinder will – , muß ich ein wenig ausholen.

Ich bin die älteste Tochter einer alleinerziehenden Mutter. Ich habe zwei Geschwister. Meine Eltern trennten sich, als ich etwa 11 war, die Scheidung zog sich hin, bis ich knapp 14 war – die Risse waren schon vorher spürbar. Die Zeit war schlimm für mich und hat deutliche Spuren hinterlassen – nicht, weil meine Eltern sich getrennt haben, sondern wegen der Art, wie das geschah, wegen der Begleitumstände und weil meine Mutter danach mit uns alleingelassen war.
Ich habe meine Mutter als überlastet erlebt (mit der Mehrfachbelastung Haushalt, Kinder und Beruf, dazu dem Bemühen, uns eine gute Bildung zu ermöglichen), und auch wenn ich vielleicht im Haushalt nicht sonderlich viel machen mußte (ich habe keinen Vergleich, was Gleichaltrige so machen mußten), blieb an mir als ältestem Kind doch mit die Verantwortung hängen, „den Laden am Laufen zu halten“.

Da war auch schlicht niemand, der mithelfen konnte – bis auf meine Großmutter, die das auch nach Kräften tat; aber sie war auch bis weit in ihre Siebziger vollzeit-erwerbstätige Selbständige (Reichtümer kamen mit ihrem Kosmetikinstitut übrigens auch nicht zusammen, nur falls jemand „selbständig“ mit „es ist Geld da“ gleichsetzt).

Und vom Geld her war es auch verdammt knapp.

Mit meinem Vater hatte ich seit der Scheidung nur noch wenig Kontakt, ein paar Jahre auch gar keinen.

Ich habe aus dieser Situation etwa die Macke, daß es mir schwer fällt, mich auf andere Menschen zu verlassen. Abhängigkeit macht mir eine Scheißangst.

Nicht nur, daß ich die überlastete Situation, wie ich sie bei meiner Mutter wahrnahm, mir selbst ersparen will: ich will sie auch keinem Kind zumuten. Ich muß schon so lange materiell knapsen (fast mein ganzes Leben, mit der Ausnahme von ein paar Jahren, in denen ich auch nicht großartig verdient habe), daß der Gedanke, mit dieser materiellen Knappheit auch noch für andere Menschen verantwortlich zu sein, mir ein entschiedenes „Hell, no!“ entlockt.

Unter welchen Bedingungen hätte ich also überhaupt darüber nachgedacht, ob ich Kinder will?

  1. Andere Menschen, auf die ich mich wirklich verlassen kann. Menschen, die geographisch in der Nähe sind (wie: mindestens mal in derselben Stadt), mit denen ich im Idealfall sogar zusammen lebe, die für (meine) Kinder mit Verantwortung übernehmen wollen. Solche Menschen gab es bisher in meinem Leben nicht. Meine Beziehungen waren eher frustrierend, instabil und kurzlebig. Bei letzterem gibt’s gerade wieder Hoffnung, aber auch da – diese Beziehung ist noch ganz jung, und wir leben nicht in derselben Stadt.
  2. Materielle Sicherheit. Damit sieht’s gerade ganz düster und frustrierend aus.
  3. Sowas wie beruflich angekommen sein. Ja, der Zeitpunkt ist nie recht, aber an mehreren Baustellen gleichzeitig zu tun zu haben, den Horror habe ich lange genug gehabt. Bevor ich mich dem Thema Elternsein gewidmet hätte, hätte ich gerne das Gefühl gehabt: „Beruflich habe ich jetzt einen Fuß in der Tür und sowas wie Sicherheit, jetzt kann ich andere Baustellen im Leben angehen.“ Aber leider ist meine Karriere bisher eher wie so ein Karussell, von dem ich immer wieder runterfliege. Von Sicherheit keine Spur. Vielleicht mache ich mich demnächst selbständig (der Gedanke kommt immer wieder, derzeit mit einer verärgerten Tönung von „Wenn mich hier kein Schwein anstellen will, dann mach ich das eben selber“), dann wird das mit der Sicherheit noch ein paar Jahre nicht so üppig sein – je nachdem, wie gut es läuft.

Und dann ist da noch meine allererste Liebe. Die Musik. Immer mal wieder auch das Schreiben. Die wollen beide viel Zeit. Und da sind noch massig andere Dinge, die ich der Welt zu geben habe. Ohne eigene Kinder fehlt meinem Leben genau gar nichts.

5 thoughts on “Meine Perspektive aufs Kinder-Kriegen und -Haben

  1. Schön geschrieben 🙂

    Ich finde mich darin auch wieder- meine Situation hat einige Parallelen.

    Meine Entscheidung, keine „eigenen“ Kinder zu wollen, hat emotionale Beweggründe, aber auch viele rationale Motive (prekäre Berufssituation, u.a.)

    Ich denke übrigens nicht, dass ich das jemals bereuen werde. (Und selbst falls dem irgendwann so sein sollte, was sehr unwahrscheinlich ist, niemand sollte sein/ihr Leben danach ausrichten, was man bereuen könnte, das ist Quatsch.)

    Ich bin Teil einer Diskussionsgruppe auf Facebook für freiwillig kinderlose Menschen, in dieser Gruppe sind auch einige Leute in „fortgeschrittenem“ Alter (60 +) und sie sagen unisono, dass sie ihre Kinderlosigkeit heute überhaupt nicht bereuen, im Gegenteil. 🙂

  2. Ich finde es immer wieder interessant wie ignorant manche Menschen sind. Spätestens wenn Sie ein höheres Alter erreicht haben und auf pflege Angewiesen sind, würden Sie sich sehr über Verwandte freuen die Sie pflegen könnten oder wenigstens ab und zu im Heim besuchen. Auch wenn sie die aktuelle Politik verfolgen würden, müssten sie erahnen, dass sich unser Rentensystem in den nächsten Jahrzehnten nicht aufrechterhalten lässt und dann gnade demjenigen welcher keine Kinder hat die ihn zusätzlich unterstützen könnten.

  3. Kinder als Alterssicherung haben vielleicht früher mal funktioniert. Heute dagegen sind Kinder ein Armutsrisiko. Wer kriegt (unter anderem) die lächerlich geringen Renten und lebt in Altersarmut? Richtig, die Menschen (meistens Frauen), die für die Familie im Beruf kürzer getreten haben.

    Außerdem ist dieses Argument eine Klassikerin, wenn es darum geht, Menschen ohne eigene Kinder Egoismus zu unterstellen, was ein Schuh ist, den ich mir einfach nicht anziehe. Punkt.

  4. @Susanne L:

    „Ich finde es immer wieder interessant wie ignorant manche Menschen sind.“

    Ja, geht mir auch so.

    „Spätestens wenn Sie ein höheres Alter erreicht haben und auf pflege Angewiesen sind, würden Sie sich sehr über Verwandte freuen die Sie pflegen könnten oder wenigstens ab und zu im Heim besuchen.“

    Dumm nur, wenn man Kinder hat, die entweder zu weit weg wohnen oder aber weil sie selbst Familie haben, nicht die Kapazitäten aufbringen können, ihre Eltern zu pflegen oder regelmäßig zu besuchen.

    (Darüber hinaus kenne ich auch einen Fall persönlich, da pflegt eine Frau (Mitte 50) alleine ihre Mutter (fast 80), ist jedoch mit der Situation überfordert und lässt ihre schlechte Laune regelmäßig an der hilflosen alten Dame aus. Ganz ganz toll… ironie aus )

    Kinder sind überhaupt kein Garant, im Alter gut versorgt zu sein.

    „Auch wenn sie die aktuelle Politik verfolgen würden, müssten sie erahnen, dass sich unser Rentensystem in den nächsten Jahrzehnten nicht aufrechterhalten lässt (…)“

    Jep, und ob ich ein Kind mehr in die Welt setze oder nicht, ändert daran vermutlich gar nichts. Mein Kind nimmt euren Kindern den Arbeitsplatz weg 🙂

    „(…) und dann gnade demjenigen welcher keine Kinder hat die ihn zusätzlich unterstützen könnten.“

    Das funktioniert nur, wenn das Kind selbst einen guten Job hat, der das zulässt (s.o.)

    Ansonsten kann ich mich ryuu in allem nur anschließen.

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