Leistungsdenken. Und was ich gerade darüber lerne.

Ich habe ja so eine ganz komische Arbeitsethik. Deren grundlegenede Maxime lässt sich beschreiben mit „Egal, wie sehr du dich reinhängst, es ist nie genug!“ und „was du schon gemacht hast, zählt nicht, solange da noch was auf der ToDo-Liste steht“, vor allem aber mit „Leistung = Wert“.

Fußboden, auf dem Aktenmappen herumliegen

Ich glaube, dieses Leistungsdenken begleitet mich schon sehr, sehr lange. Es hat sehr viel zu tun mit dem, was gesellschaftlich so als „Arbeit“ anerkannt wird. Arbeit hat unlustbesetzt zu sein. Arbeit hat ein bestimmtes Aussehen – mit meiner Gitarre dazusitzen und zu üben, kann laut meinen komischen internalisierten Regeln genauso wenig Arbeit sein wie ein Buch über gutes Schreiben zu lesen. Und doch will ich beides, das Musikmachen und das Schreiben, ja auch professionell machen (bei Letzterem entwickelt sich das gerade recht gut und beginnt sogar ein wenig Gewinn abzuwerfen). Bei Hausarbeit ist es noch perfider: sie muss gemacht werden (bzw. die Konsequenz des Nicht-Erledigens ist, dass ich mich nicht wohl fühle oder nix zu futtern habe), sie macht mir meistens keinen Spass (vielleicht in einigen Fällen vom Kochen abgesehen), aber irgendwie ist sie auch – wieder laut den komischen Regeln in meinem Kopf – „keine richtige Arbeit“. Dass mich Hausarbeit teilweise mehr Energie kostet als Erwerbsbezogenes, berücksichtigt mein komisches Regelsystem nicht.

Karriere? Geht mir weg.

Ich muß mich gerade mal aufregen.

Über die Mädchenmannschaft schwappte in den letzten Tagen so eine Debatte über Arbeitskultur in meine Timeline und regte eine Menge Gedanken dazu an.

Mein Eindruck: Die einzigen, denen gerade zugestanden wird, mit dem gängigen Modell von „Karriere gleich 50 Wochenstunden plus“ ein Problem zu haben, sind Menschen mit Kindern, vielleicht noch Menschen, die Angehörige pflegen.
Nicht nur denen macht dieses Modell das Leben schwer. Es gibt nämlich genug Menschen, die sich nicht mit ihrem Job identifizieren1 wollen. Menschen, deren eigentliches Leben nach Feierabend anfängt. Die sich vielleicht sozial engagieren wollen. Sind die faul? Ist es gierig, wenn der Grund für „keinen Bock auf 50-Stunden-Wochen und gute und angemessen bezahlte Arbeit wollen“ nicht lautet, für andere Menschen da sein zu wollen?

  1. Um Mißverständnisse zu vermeiden: „identifizieren“ kann sowohl bedeuten „es bestimmt meine Identität, ich *bin* mein Job“ als auch „ich stehe hinter dem, was ich mache, ich kann es ethisch und moralisch vollständig verantworten“. Ich will das letztere.

Das Manifest der egoistischen Handarbeiterin, oder: Warum ich keine Handarbeits-Aufträge annehme.

So, nur weil ich auf ipernity dieser Tage eine solche Diskussion am Laufen hatte, eine grundsätzliche Sache: ich mache Handarbeitskram nur für mich und meine absoluten Lieblingsmenschen.

Ich mache Handarbeit zu meinem Vergnügen. Und ich mache es, weil ich Freude daran habe, hinterher die Sachen, die rauskommen (Sachen, die mir passen und die so aussehen, wie ich das haben will), auch selbst zu gebrauchen. Oder dieses Strahlen in den Augen von Menschen zu sehen, die mir viel bedeuten (die wissen, wieviel Arbeit drin steckt und das auch in Ehren halten). Einmal, ein einziges Mal habe ich tatsächlich einer Person, die ich nur über ihr Blog und über Twitter kannte (das aber auch nicht erst seit gestern), ein Paar Socken geschenkt – in diesem Fall, weil ich gerade Lust dazu hatte.
Ich mache das in meiner Freizeit, neben einem Fulltime-Job und einem Freelance-Job, der mir zwar viel Freude macht, aber auch Zeit und Hirnschmalz kostet. Ich mache das mit der Freiheit, daß mir ein Stück auch mal nicht so perfekt gelingen darf oder ich sogar was wieder aufribbele, daß ich beliebig lange brauchen darf dafür, daß ich ein Projekt auch mal ein paar Monate liegenlasse oder nicht fertigstelle. Freiheiten, die ich nicht habe, wenn ich Aufträge annehme.

Warum ich auch meiner Hände Arbeit nicht verkaufe: In jeder Handarbeit, die ich mache, stecken etliche Stunden Arbeit.