ryuus Labercast, Ep. 06: Der queere Rantcast (mit Gast!)

Etwas Neues in ryuus Labercast: Diesmal rante ich nicht allein. Ich habe gestern recht spontan mit @r4gni per Skype gepodcastet. Wir haben gute zwei Stunden über Queerness, Femmeness, Begehren und Singlesein gesprochen.

Themen

Wir haben geredet über:

Erklären, was queer eigentlich ist?

ryuu begegnet durch ihren Umzug gerade vielen neuen Leuten und gerät dadurch immer mal wieder in die Lage, queere Themen zu erklären. Wir haben darüber geredet, wie wir damit umgehen.

Femmefeindlichkeit

  • wie äußert sie sich, wo tritt sie auf – Beispiele:
    • nicht repräsentiert sein, schwullesbische Medien repräsentieren ein bestimmtes Bild von Schwulen & Lesben
    • Ausgrenzung auf Veranstaltungen: Ignoriert werden, aber auch ganz explizit für hetera gehalten und u.U. deswegen rausgeschmissen werden
  • was tun?
  • „Formate“ von Community: Nachtleben/Disco ist nicht für alle günstig (z.B. ryuus Problem mit 9to5-Job vs. Nachtleben), andere Formate, z.B. Lesung, Kino, Konzerte… nicht sonderlich interaktiv
  • unter Umständen gut: Frauen-/Lesben-/schwullesbische Sportvereine, aber auch da die Frage: unternimmt frau dann wirklich was außerhalb des Sportvereins miteinander? Sportvereine sind aus verschiedenen Gründen auch nicht jeder zugänglich und nicht für jede attraktiv
  • was ryuu gut findet: Workshop-Formate (vgl. gendercamp, femme-Workshop in Hamburg)
  • ryuus Ideen für ein queeres barcamp in Süddeutschland

Warum ich gerne eine femme bin

tl;dr: Bei allem K(r)ampf mit femme-Feindlichkeit in der queeren Szene, stereotypen Zuschreibungen und dem ewigen Vorwurf, femmes verhielten sich konform mit gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen etc. ist Feminität etwas Schönes.

Mir fällt gerade, angeregt durch eine Diskussion anderswo, auf, daß ich hier lang und breit über Feminität geschrieben habe und was mir das alles beschert, aber noch nie mal explizit gemacht habe, warum ich auf meine Feminität nicht verzichten mag und warum sie für mich etwas Schönes ist.

Der ewige Vorwurf lautet ja: Frauen, die sich feminin inszenieren, fügen sich dem gesellschaftlichen Druck auf Frauen, gefälligst feminin zu sein, machen sich damit zu Kollaborateurinnen eines frauenfeindlichen Systems, das Frauen zwingt, bestimmten Verhaltens- und Aussehensnormen zu genügen.

Nun ist gesellschaftlicher Zwang zu (einer bestimmten) Feminität natürlich kacke, aber das Gegenteil ist, wie so oft, genauso falsch. Auch ich entspreche in vieler Hinsicht verbreiteten weiblichen Schönheits- und Verhaltensidealen nicht. Auch ich stöhne, wenn nicht enthaarte Achseln zum Skandal gemacht werden und wenn Leute sich vor nicht rasierten Intimzonen ekeln. Auch ich enthaare meine Beine zwar gelegentlich, bin aber meistens zu faul dazu und was solls, unter Jeansbeinen oder dicken Strumpfhosen sieht eh niemand den Pelz. Nagellack und ich, das klappt auch nicht, schon wegen der Gitarre nicht (einmal spielen und der Lack ist ab), und meine sorgfältige Nagelpflege ist genauso sehr ein Gitarrist_innen-Ding wie ein femme-Ding. Auch ich trage nicht jeden Tag Make Up. Auch ich grabsche mir unter der Woche meistens eine halbwegs saubere Jeans und ein sauberes T-Shirt aus dem Schrank und denke nicht lang übers Anziehen nach – Hauptsache, ich erwische nicht Farben, die sich total beißen. Wenn es um Shopping geht, habe ich nicht an Kleidern und Schuhen Freude (das schiebe ich sogar meistens raus, bis es nicht mehr anders geht als mal wieder was einzukaufen), sondern an Büchern, Technik und Musikinstrumenten. Und auch wenn ich mich mit meinem derzeitigen Gewicht nicht so wohl fühle und gern wieder fitter wäre, muß ich das Spiel mit der Abwertung von Frauenkörpern, die nicht bestimmten Normen entsprechen, nicht mitspielen. Frauenzeitschriften sind für mich ein fremdartiges Paralleluniversum.

Und trotzdem mag ich mir meine Feminität, so wie ich sie lebe, nicht nehmen lassen.

Über Begehren.

Das tl;dr steht diesmal am Ende, um Euch zu animieren, mein Zeug doch zu lesen.

Nach längerer Pause fühle ich mich mal wieder gedrängt, was über das ein queeres Thema zu schreiben. Nämlich über eine Variable, die in den Gleichungen, die ich so in der queeren/feministischen Blogosphäre in letzter Zeit gefunden habe, nicht zu meiner Zufriedenheit vorkommt und auch in meinen Augen in LGBT-Kontexten oft nicht ausreichend von gender getrennt wird.

Warum schreibe ich überhaupt über solche Dinge, die von vielen als privat und intim eingestuft werden? Weil sie Gegenstand gesellschaftlicher Machtverhältnisse und Denkstrukturen sind. Weil auch das Privateste und Intimste politisch sein kann.